3-Sterne-Hotel in Esslingen macht aus Wasser Strom / Das Konzept könnte Vorbild für andere Betriebe sein

aus: AHGZ-Druckausgabe Nr. 2014/30 vom 26. Juli 2014
Stefanie Reinhardt

ESSLINGEN. "Wir haben eine weiße Weste", sagt Thomas Puchan, Direktor des Hotels Eco Inn in Esslingen. Wenn Puchan das sagt, dann meint er das wörtlich. Denn den Strom für sein Hotel bezieht Puchan direkt aus dem Rossneckarkanal hinter dem Haus. Dort dreht sich in einem Schuppen ein Wasserrad. Mit diesem und einer Pumpe am Kanal macht Puchan aus Wasserkraft Strom und Wärme. "Wir produzieren 260 Prozent", sagt er. "Den überschüssigen Strom verkaufen wir weiter." Einen Schadstoffausstoß gebe es im Hotel nur in der Wäscherei und von den Autos der Lieferanten.

Seit fünf Jahren führt Puchan das 3-Sterne-Hotel mit 59 Zimmern, drei Tagungsräumen, Frühstücksbereich und Terrasse über dem Neckar. Zielgruppe sind vor allem Familien mit Kindern und Umweltbewusste. Tische und Schränke in den Zimmern sind aus Bambusholz und stammen aus einer Schreinerei, in der Menschen mit Behinderung arbeiten.

Das Haus versteht sich nicht nur als Klimahotel, sondern auch als soziales Unternehmen. Die Chance auf einen Arbeitsplatz haben bei Puchan auch Menschen mit Handicap oder einem schwierigen Lebenslauf. "Zwölf junge Menschen mit Handicap haben wir in Hauswirtschaft ausgebildet", erzählt Puchan. So arbeiten an der Rezeption Mitarbeiter mit und ohne Behinderung, und mancher Kollege, wie Hausdame Fuckar Drazenka (63), hat sich vom Ein-Euro-Jobber zur Abteilungsleiterin hochgearbeitet.

Der Esslinger Oberbürgermeister, Jürgen Zieger, würdigte kürzlich das Hotel als gutes Beispiel dafür, die Klimaziele von Kyoto zu erreichen. "Ich hoffe, ihr Haus findet Nachahmer", betonte Zieger auf einer Pressekonferenz zum 5. Geburtstag des Hotels. Und Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler lobte die Verbindung von Ökonomie, Ökologie und Sozialem. "Das sei nicht selbstverständlich." Rund 100 Meter vom Hotel entfernt will Puchan Ende des Jahres das "Eco Event" mit sechs Tagungsräumen für 160 Personen eröffnen. "Ökotourismus ist die Chance für die Branche", hofft Puchan. Stefanie Reinhardt